Liquid Journalism (Erklärer)
Früher war der Journalismus eine Blackbox: Redakteure recherchierten und veröffentlichten, was sie herausgefunden und niedergeschrieben hatten. Was sie zwischen dem ersten Gedanken und diesem Endergebnis erfahren, verworfen, überdacht, verändert haben, erfuhren die Leser nicht. Einfluss nehmen und mitgestalten konnten sie erst recht nicht. Was einst funktionierte, ist in Zeiten von Social Media nur noch schwer zu rechtfertigen.
Was die meisten Redaktionen in Deutschland bislang für die Leserbindung machen, ist eher 1.0: Leserfotos und -briefe werden in der Zeitung gedruckt, es gibt Hörer-Hotlines, vielleicht noch einen Leserbeirat oder eine Ombudsperson. Hin und wieder erklärt sich irgendwo ein Lokalbüro zur gläsernen Redaktion für einen Tag. Die meisten Medien trauen sich erst dann im virtuellen Raum nach vorne, wenn irgendwo schon ein paar Pioniere aus dem Ausland Ähnliches gewagt haben. Mit Profit. Ohne zu scheitern, versteht sich.
Um diese Pioniere und die Ausnahmen, die auch im deutschen Journalismus und in der deutschen Onlinekommunikation immer wieder aufblitzen, soll es in diesem Dossier gehen. Um die Frage, wie weit Journalisten gehen bei ihrem Streben nach einer größeren Leserbindung. Und darum, ob sich der direkte Draht lohnt. VOCER schaut dafür in ausländische Redaktionen, bei denen Journalist und Publikum verschmelzen, wo Leser ein Mitspracherecht haben, Journalisten ihre Recherche offen legen und Nutzerbeiträge schon vor der Veröffentlichung erwünscht sind. Wir blicken auch in Richtung Unternehmen, deren moderne Markenkommunikation dem Journalismus ein Vorbild sein kann, und fragen unsere Leser, wie viel Offenheit sie überhaupt wünschen.
Dieses Dossier wird verantwortet von Carolin Neumann und Ulrike Langer.