Wie das Internet unsere Gesellschaft verändert
„Like us on Facebook“ – Dieser Satz ist mittlerweile fast schon Kult geworden und fällt uns überall ins Auge. Sogar vor der Verpackung meiner Frühstückswurst macht er keinen Halt. Es ist also offiziell: Auf Facebook findet man wirklich alles und jeden, oder um es mit der Idee Marshall McLuhans zu sagen: Das Internet lässt die Welt zum Dorf werden.
Wenn wir ehrlich sind, wollen wir es gar nicht anders. Zugegeben: Ich gehöre zu den Leuten, die jede Kleinigkeit googeln und neue Kontakte erst einmal bei Facebook checken. Und als ich vor Kurzem meinen Surfstick in die Reparatur geben musste, ist der Abschied schwerer gefallen als beim Auszug aus dem Elternhaus. Dieses Verhalten offenbart nicht zwangsläufig eine Internetsucht, sondern ist ein Merkmal unserer Cybergesellschaft. Der Werbeslogan eines bekannten Tarifanbieters für Mobiltelefone hat es auf den Punkt getroffen: „Wir beeilen uns nicht – wir simsen, dass es später wird. Wir denken nicht – wir googeln. Wir sagen nicht unsere Meinung – wir posten sie.“ Der Wahrheitsgehalt dieser Werbung ist erschreckend. Dennoch beschreibt er die gesellschaftliche Entwicklung optimal. Für manche mag diese Abhängigkeit schon zu viel des Guten sein. Andere wiederum kriegen gar nicht genug von neuen Technologien und eifern stets nach noch Schnellerem, noch Modernerem – nach noch mehr Möglichkeiten.
Das Internet ist allerdings nicht unumstritten. Es heißt, das Netz stehle Zeit, manche Menschen verlören jeglichen Bezug zur Realität und – wie immer – sei früher alles bessergewesen. Aber im Grunde genommen hat man doch die Wahl. Niemand zwingt einen, sozialen Netzwerken beizutreten, und niemand zwingt einen, nur noch über E- Mail Kontakt zu halten. Genauso wie früher niemand dazu gedrängt wurde, eine Waschmaschine zu benutzen oder Radio zu hören. Die Technik schleicht sich nun einmal leise in unsere Gesellschaft ein, bis sie irgendwann ein Teil von uns wird. Und wie die anderen Medien der jeweiligen Zeit führt auch das Internet zu einem sozialen Wandel. Nur intensiver als je zuvor, da es sich um ein Globalmedium handelt. Noch nie hatten wir so viel Zugang zu Information und Wissen. Stichwort Informationsüberflutung – eigentlich Luxus und kein Problem.
Unser Leben passt ins Smartphone
Unweigerlich hat das Internet unser Leben in der Gesellschaft verändert und die allgemeinen Meckereien älterer Generationen treffen sicherlich auch mal ins Schwarze. Schließlich klären wir selbst wichtige Angelegenheiten übers Internet, wir halten die erste Seite der Google-Ergebnisse für die Realität und alles darauf Folgende für belanglos. Und nicht zuletzt weiß Mark Zuckerberg wahrscheinlich mehr über uns als manche realen Freunde. Wir kommunizieren, arbeiten, wirtschaften, entfalten und verlieben uns im Netz. Mit anderen Worten: Wir leben online. Ein Leben, das wir mittlerweile in Form von Smartphones auch in unserer Handtasche mit uns herumtragen. Für viele Menschen heißt Entspannung heutzutage daher nicht mehr Spa, Wellness oder Massage – es heißt, für ein paar Stunden offline zu sein.
Ohne Frage bringt die weite Welt des Internets auch ihre Bedrohungen mit sich. Kriminelle missbrauchen es für Kinderpornografie und zur Aneignung fremder Daten. Persönlichkeitsrechte, Datenschutz und Privatsphäre scheinen dem Netz, gerade den sozialen Netzwerken, manchmal Fremdwörter zu sein. Der britische Schriftsteller George Orwell hat einmal gesagt: „Wer verstehen möchte, wie sehr Maschinen unseren Alltag bestimmen, der möge sich jetzt sofort einmal umschauen.“ Gleichzeitig entwarf er die Dystopie des gläsernen Menschen. Das war 1948. Wer hätte gedacht, dass die damals fiktionale Idee heute immer mehr Richtung Realität rückt?
Doch wer sagt, das Internet wisse zu viel über uns – der weiß zu wenig über den richtigen Umgang mit dem WWW. Denn eins darf nicht vergessen werden: Wir sind es, die das Internet im Griff haben – nicht andersherum.
Mit Vorsicht zu genießen
Es ist wichtig, sich des Ausmaßes des Internets bewusst zu sein, um die weitere Entwicklung distanziert und kritisch erleben zu können. Das Verhalten in der Cybergesellschaft muss immer durchdacht sein, denn was online passiert, bleibt nicht zwangsläufig online. Jedes gepostete Foto, jeder Kommentar und jeder Download kann in der „wahren Welt“ sein Nachspiel haben.
Mittlerweile ist das Internet genauso wenig aus unserem Leben wegzudenken, wie die genannte Waschmaschine. Und ganz egal, wie man letztendlich darüber denkt, das Internet hat eine ganze Dekade auf den Kopf gestellt. „Online sein“ ist schon längst keine Bewegung mehr, die nur von einer Altersklasse getragen wird. Digital sind nicht nur die „Digital Natives“, sondern alle – und zwar überall.
Ich will das Internet nicht unkritisch in den Himmel loben, denn auch ich als besagter „Digital Native“ halte es zeitweise für aufdringlich. Auch mich nervt diese Flut an Möglichkeiten, Spam und Online-Werbung – deswegen versuche ich, sie zu ignorieren und selektiere das World Wide Web nach meinen Bedürfnissen. Das ist für mich die optimale Lösung. Entkommen kann man der Datenautobahn schließlich sowieso nicht mehr.
illustriert von Annemarie Haas. Dieser Beitrag ist zuerst im STADTLICHH Magazin, Ausgabe #7, erschienen.