„Bild“ bleibt „Bild“ – ganz tief unten
Wie ekelhaft!!! Da bringt einer viele tausend Menschen um ihre Ersparnisse, rafft sich selbst unvorstellbare Reichtümer zusammen, und die „Bild“-Zeitung feiert diesen Mann als Helden, stilisiert ihn sogar zu einem Idol. Jeder, so die Botschaft, könne von ihm lernen. Die Rede ist von Carsten Maschmeyer. Der Karrieremensch als Aufmacher in Deutschlands größter Zeitung. Kein Wort darüber, wie viele Kleinanleger er mit den unseriösen Finanzprodukten seines AWD ins Unglück gestürzt hat.
Ganzseitig darf sich Maschmeyer seiner Beziehungen zu den Großen, Reichen und Schönen rühmen. Und als sei das nicht schon unappetitlich genug, soll es in „Bild“ das Maschmeyer-Selbstlob in Fortsetzung geben.
So zertrümmert das Blatt den eigenen Nimbus, den es gerade erst aufgebaut hat. Wir rieben uns verwundert die Augen, wie unerbittlich Bild erst kürzlich Bundespräsident Christian Wulff gejagt und zur Strecke gebracht hatte – anscheinend nur der Wahrheit und dem sauberen Journalismus verpflichtet. Wir stilisierten „Bild“ zum Bollwerk der Pressefreiheit, als der noch amtierende Präsident Wulff den Chefredakteur des Blattes verbal bedrohte.
Welche Motive „Bild“ damals gehabt haben mag; es zählt alles nicht mehr. Denn was Carsten Maschmeyer angerichtet hatte – „Panorama“ hat es eindrücklich dokumentiert – ist so unendlich viel schlimmer als alles, was sich Christian Wulff jemals zu Schulden kommen ließ (falls überhaupt). So fällt die „Bild“-Zeitung mit ihrer neuen Propaganda-Offensive für Maschmeyer auf ihr altes und gewohntes Niveau zurück – ganz tief unten, wo es tiefer kaum noch geht.
Es kommt allerdings noch schlimmer: Das ARD-Politmagazin „Panorama“ hatte Maschmeyer gnadenlos entlarvt, wurde dafür gefeiert. Schluss mit dem Feiern, denn die ARD-Talkshow „Menschen bei Maischberger“ will Maschmeyer trotzdem am 20. März ein Forum geben – zwar deutlich nach „Bild“, aber – so spekuliert man wohl – immer noch quotenträchtig. Was für ein schöner Werbetermin, wo Maschmeyer doch gerade sein neues Buch herausbringt. Eine verdruckste Zusicherung, man werde ihn schon kritisch befragen, zählt nicht. Denn jeder Auftritt kann dem gewieften Selbstdarsteller nur noch nützen.
Vielleicht ist der Finanzjongleur Maschmeyer tatsächlich erfolgreicher als wir alle dachten. Er hat es geschafft, die Koordinaten für Anstand und sauberen Journalismus zu verschieben – und auch für guten Geschmack.