Daniel Bröckerhoff: Der Selbstvermarkter
Daniel Bröckerhoff hat teilweise bis zu fünf Projekte gleichzeitig am Start. Hauptsächlich arbeitet er aber als Autor für das Medienmagazin „ZAPP“ im NDR. Außerdem ist er Reporter, Moderator und Berater. Wie er dazu gekommen ist, warum sein Tag auf Twitter beginnt und wie wichtig Selbstvermarktung als freier Journalist ist, verrät er im Interview.
VOCER: Daniel, was machst du derzeit?
Daniel Bröckerhoff: Ich bin seit vier Jahren freier Fernsehjournalist und Reporter, derzeit ausschließlich für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Beim Medienmagazin „ZAPP“ vom NDR arbeite ich als freier Autor und für die EinsPlus-Sendung „Klub Konkret“ als Reporter vor der Kamera. Davor habe ich auch für die Sendung „Elektrischer Reporter“ auf ZDFinfo gearbeitet und für Zeit Online geschrieben.
Wie bist du zum Fernsehen gekommen?
Für mich war immer klar, entweder mache ich etwas mit Musik und Kunst und Theater und Schauspiel, oder ich mache etwas mit Medien. Es ist dann aus rein rationalen Gründen die Medienbranche geworden.
Da kann man so viel mehr Geld verdienen?
Nein. Aber immerhin ein bisschen mehr. Und wenn man sich geschickt anstellt, kann man auch gut davon leben. Keiner wird reich hier, es sei denn, man hat die ganz große tolle Idee, auf die alle warten. Aber wie gesagt, man kann davon eine Familie ernähren, in den Urlaub fahren und sich Klamotten kaufen. Das, finde ich, reicht erstmal dafür, dass man das tut, was man gerne tut.
Dein Weg war ja nicht der geradlinigste.
Ich habe ziemlich früh angefangen mit Medien. Ich habe mit 15 das erste Praktikum gemacht bei einer Pressesprecherin vom Naturschutzbund, wo ich aktiv war. Später habe ich dann aber hauptsächlich etwas mit Internet gemacht, das war dann wichtiger. Also habe ich Webdesign gelernt und bin darüber zu einem Medienkultur-Studium in Hamburg gekommen. Ein Bekannter hat mich dann zu „Bild“-Online geschleppt, als studentische Aushilfskraft. Die stellten gerade um von händischem HTML-Codieren auf ein Content-Management-System und da saß ich dann drei-, viermal die Woche abends und habe die „Bild“-Zeitung ins Netz gehackt.
Daniel Bröckerhoff im Interview für Klub Konkret mit Patrick Wieschke, Landesvorsitzender der NPD in Thüringen.
Wie war diese Zeit für dich?
Das war keine schlechte Zeit, ich habe da viele interessante Leute getroffen und weiß jetzt, wie die „Bild“-Zeitung funktioniert und weiß auch, warum ich da nicht arbeiten möchte. Ich habe dann über diese Arbeit wieder jemanden kennen gelernt und habe anschließend Praktika gemacht bei RTL Nord und bei der BBC in Wales.
Vor allem bei RTL hat es mir viel Spaß gemacht, weil RTL Nord ein Regionalstudio ist, da kann man sehr viel machen und ich fand Fernsehen immer am interessantesten. Ich schreibe auch gerne, aber wahrscheinlich ist Fernsehen eher auch was für so Ego-Schweine wie mich, die gerne wichtig mit Kamerateam durch die Gegend laufen. Außerdem mag ich Teamarbeit, und Fernsehen ist immer Teamarbeit: Du hast mindestens einen Kameramann, manchmal einen Tonmann dabei, wir hatten einen Redakteur, einen Cutter und da entsteht viel gemeinsam. Das mag ich sehr gerne.
Wie ging es danach weiter?
Bei RTL sagten sie dann, das war ganz ordentlich, wir haben eine Journalistenschule, bewirb dich da doch mal. Das hat dann auch geklappt. Parallel habe ich mich zwar auch beim WDR und beim NDR geworben. Die haben mich aber noch nicht mal eingeladen zum Vorstellungsgespräch. Wahrscheinlich standen in meiner Vita zu viele private Medien, ich war vorher nie Praktikant beim NDR, und ich glaube, das ist schon ein Auswahlkriterium. Aber das ist nur eine Vermutung.
Du bist ja dann trotzdem bei den Öffentlich-Rechtlichen gelandet.
Genau. Ich bin trotzdem da gelandet. Die RTL-Journalistenschule ist in meinen Augen die beste Journalistenschule in Deutschland, wenn man Fernsehen machen möchte.
Warum?
Weil du zwei Jahre nur Fernsehen machst und aus allen Facetten kennen lernst: im Regionalstudio, in großen Nachrichtenstudios, im schnellen alltäglichen n-tv. Du kannst Magazin machen, du kannst dir mehr Zeit nehmen, du wirst durch den ganzen Sender geschleift und die sind nicht zimperlich. Da lernt man echt Hands-on. Dazu gibt es ganz tolle Seminare. Qualitativ tut sich die RTL-Journalistenschule überhaupt nichts mit mit Journalistenschulen in München, in Berlin oder mit einem Volontariat bei einem großen Sender. Das ist ein großer Sender, der größte Privatsender Deutschlands.
Wieso ging es für dich dann dort nicht weiter?
Der Boulevard-Journalismus war mir persönlich zu flach. Ich habe dann noch eine zeitlang als Freier für „Punkt Zwölf“ gearbeitet. Da machst du jeden Tag ein anderes Thema. Du weißt nie ganz genau, was du eigentlich sagst, du musst allen Leuten glauben, die dir was in die Kamera quatschen, weil du gar keine Zeit hast, das mal zu überprüfen. Das fand ich unbefriedigend.
War es schwer von einem Privatsender zu den Öffentlichen zu wechseln? Oder war es nach der Ausbildung in Köln kein Problem mehr?
Klare Antwort: Ich musste kämpfen, ja.
Wie hast du es dann letztendlich geschafft?
Meine letzte Station in der Ausbildung bei RTL war eine externe. ich war beim NDR, beim Medienmagazin „ZAPP“. Da habe ich zwei Wochen gesessen und mit das angeguckt. Am Ende bin ich einfach ganz dreist zu Kuno Haberbusch, dem damaligen Chef, und habe gesagt: Ich möchte gern hier bleiben, ich finde das geil hier. Geht das?
Wie hat der reagiert?
Kuno Haberbusch ist nicht dafür bekannt, dass er private Medien besonders liebt. Er hat mich dann aber doch sehr wohlwollend aufgenommen. Es war ja für ihn auch kein Risiko, ich war dann freier Mitarbeiter ohne Rahmenvertrag und konnte einfach mal da bleiben und Themen anbieten. Ich habe dann auch gleich eins untergebracht, damit hatte ich einen Fuß in der Tür. Außerdem hatte ich sehr nette Kollegen, die mich aufgenommen haben, die mir geholfen haben, mich dort zurecht zu finden. Denn wenn du vom privaten Fernsehen ins öffentlich-rechtliche wechselst, ist sehr, sehr viel sehr, sehr anders.
Gab es keine Vorbehalte? „ZAPP“ ist ja eine komplett andere Art von Journalismus.
Klar, gab es auch eine gewisse Vorsicht gegenüber jemandem, der von einem privaten Krawallsender kommt und dann auf einmal zur absoluten Gegenseite wechseln will. Das finde ich auch nachvollziehbar, aber nichtsdestotrotz habe ich mir dann meinen Platz erkämpft. Das war eine Mischung aus Glück, Chuzpe und, ich hoffe, auch einer guten Leistung.
Wurdest du dann gleich fest ins Team aufgenommen?
Nein, das hat noch gedauert, bis es hieß, wir behalten dich jetzt, wir möchten dich als festen Autor haben, du kriegst einen Rahmenvertrag und wir nehmen dich fest ins Team auf. Das war nicht so einfach, weil sehr viele Leute dahin wollen. Ich habe zwischendurch auch aufgehört quasi fest für „ZAPP“ zu arbeiten und habe für eine Produktionsfirma gearbeitet. So bin ich zum ZDF gekommen, wo ich dann auf einmal als Regisseur und Autor-Realisator von „ZDF Reporter“ unterwegs war. Das lief über mein Stellengesuch im NDR-Intranet. Die verantwortliche Produktionsfirma hat das gesehen und es mit mir probiert.
Und auf einmal machtest du im ZDF Primetime?
Ja, als verantwortlicher Realisator, mit zwei Redakteurinnen, zwei Kameras und dem Druck, jetzt musst du geiles Fernsehen machen. Da habe ich ein paar Tage lang echt nicht gut geschlafen. Also das ist schon unheimlicher Psychostress.
Das hast du dann gemacht bis Sendung „ZDF Reporter unterwegs“ abgesetzt wurde?
Ja, daneben habe ich aber auch schon für ZDFinfo Sachen gemacht. Ich habe fast immer das Glück gehabt, dass Leute auf mich zugekommen sind und gefragt haben, willst du was für uns machen, was sehr ungewöhnlich ist.
Was ist dann dein Erfolgsgeheimnis?
Das liegt glaube ich zum Teil auch an meiner Dauerpräsenz in Sozialen Medien. Ich habe 2008 angefangen zu twittern, richtig zu twittern 2009 und war von da an sehr aktiv. Ich bin den Leuten gefolgt, denen man folgen sollte und habe versucht, die irgendwie auf mich aufmerksam zu machen. Das bedeutet, auf deren Inhalte einzugehen, denen eine Antwort zu schicken oder so etwas. Wichtig war dann auch irgendwann der eigene Blog, und dass man halt guckt, dass man im Internet irgendwie sichtbar und als Person wahrgenommen wird und nicht als irgendein Schreiberling, der austauschbar ist. Ich glaube, das hat mir viel geholfen, dass Leute mich wahrgenommen haben.
Du bist auf allen Kanälen im Netz unterwegs. Würdest du sagen, es gibt mittlerweile so etwas wie die Marke Daniel Bröckerhoff?
Ich überlege gerade, ob es vermessen ist zu sagen, dass man eine Marke ist. Ich versuche es zumindest. Wobei Marken auch immer etwas Konstruiertes haben, und ich versuche eben authentisch zu sein und nicht konstruiert. Ich habe mir keine Gedanken gemacht darüber, wie bin ich, wie will ich wirken, was man eben normalerweise tut beim Aufbau einer Marke. Ich war einfach ich selber.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Der Arbeitstag beginnt mit dem Griff zum Handy. Damit verschaffe ich mir einen Überblick: Hat mich irgendjemand gementioned, habe ich irgendwelche Mails, habe ich irgendetwas? Das mache ich tatsächlich alles schon im Bett. Dann fahre ich entweder zum Sender, manchmal arbeite ich auch von zu Hause, oder auf Drehs. So einen richtigen Alltag gibt es bei mir eigentlich nicht, weil ich entweder unterwegs bin oder in der Redaktion oder zu Hause. Ohne mobiles Internet, ohne mobile Arbeitsgeräte würde mein Job nicht mehr funktionieren. Das ist vielleicht auch nicht immer gesund und nervt auch viele Leute. Sich davon eine Auszeit zu nehmen, zu sagen, stopp, jetzt ist Feierabend, jetzt lege ich das iPhone weg, das ist glaube ich auch eine Herausforderung. Man wird auch teilweise ein bisschen süchtig danach, weil das immer Aufmerksamkeit ist und es ja auch Spaß macht.
Du machst ja nebenbei auch noch private Projekte. Woher nimmst du eigentlich die Zeit?
Tendenziell arbeite ich sehr viel, manchmal glaube ich, zu viel. Work-Life-Balance ist echt eine Herausforderung. Generell aber muss man sehr viel Organisationstalent mitbringen, wenn man als freier Journalist überleben will, teilweise habe ich fünf Projekte gleichzeitig. Da muss man Methoden entwickeln, um den Überblick zu behalten. Ich arbeite deshablb sehr viel mit To-Do-Listen und Deadlines.