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Den Eltern den Job erklären

Wenn Mama oder Papa beim Familienbesuch harmlos bis naiv fragen: „Was machst du eigentlich nochmal in deinem neuen Job?“ verwandelt sich die Stelle im Wohnzimmer, an der bis eben noch ein Sofa und ein Couchtisch standen, in einen riesigen digitalen Graben. Erklärt das Internet-fixierte Kind dann mühevoll, was es arbeitet, reagieren Mama und Papa oft mit: „Achja, interessant.“ Übersetzt: „Hääh?“ Was bitte ist ein Social Media Planner oder eine Content Managerin?

Spätestens seit Sascha Lobo sich in dem Text „Unsere Mütter, unsere Fehler“ darüber ausgekotzt hat, dass „Niemandes Mutter“ versteht, worum es in der Netzpolitik geht und womit sich die mehr oder weniger jungen Leute im Internet beschäftigen, ist klar: Die Netzgemeinde hat ein Verständigungsproblem. Wer sich außerhalb der großen Medienblabla-Blase bewegt, hat kaum eine Chance, zu kapieren, was da los ist. Das gilt leider nicht nur für harte Brocken mit gruseligen Namen wie das „Leistungsschutzrecht“ oder die „Drosselkom„, sondern auch für die Dinge, mit denen viele von uns ihr Geld verdienen (oder es zumindest versuchen). Das Tempo in der Arbeitswelt wird höher, unsere Berufe spezialisierter und der Arbeitsplatz kann plötzlich überall sein. Das Netz schafft Jobs mit für Außenstehende seltsam anmutenden Bezeichnungen und Aufgaben.

Wibke Ladwig, die zu diesem Thema auch schon mal eine Blogparade veranstaltet hat, fasst das auf Twitter so zusammen: „Ich stelle fest, dass wir alle kaum mehr richtige Jobbezeichnungen habe. Also welche, die gemeinhin verstanden werden“.  

Gerade Leute in Kommunikationsberufen können ihren Eltern kaum noch begreiflich machen, was sie arbeiten und warum diese Arbeit wichtig ist. Anlässlich der diesjährigen re:publica (ja, auch Sinn und Inhalt dieser Veranstaltung den Eltern zu erklären, ist eine Herausforderung), haben wir uns überlegt, wie wir Mamas, Papas und Kinder wieder ein bisschen näher zusammenbringen. Die Lösung: #erklärsmama. Das Werkzeug: Ein Smartphone. Der Auftrag: Erklär deinen Eltern deinen Job. Kurz und verständlich.

Das Ergebnis:

Es war nicht einfach. Einige Menschen wollten nicht mit uns sprechen, weil sie mit der Aufgabenstellung überfordert waren. „Ich kann nicht erklären, was ich arbeite. Das ist zu kompliziert.“ Andere waren genervt, weil sie schon in zu viele RTL- und ARD-Kameras gesehen hatten und nicht auch noch in unser Smartphone quatschen wollten. Manch einer erbat sich eine halbe Stunde Denkzeit. Wir merkten: Teilweise kapieren die Menschen selbst nicht, was sie arbeiten. Wie sollen es dann die Eltern verstehen?

Andere aber wagten einen letzten Erklärversuch, nachdem sie schon beinahe aufgegeben hatten, ihren Eltern verständlich zu machen, wovon sie leben: „Ich brenne das Filmchen dann meiner Mama.“ Oder: „Wenn meine Eltern das sehen, krieg ich von ihnen vielleicht keine Stellenanzeigen mehr per Post zugeschickt, die sie aus der Zeitung ausgeschnitten haben.“

Und dann gab es natürlich auch die Leute, mit den Supercrack-Mamas und -Papas, die fitter im Netz unterwegs sind, als die Kinder selbst („Meine Mutter ist auf Twitter, aber für das Video tu ich mal so, als ob…“). Die waren aber wirklich die Ausnahme. Nicht alle Eltern oder Großeltern sind so ambitioniert wie der Großvater von Charlotte Haunhorst, der sich gerade im Internet einlebt.

Lob an die Mutigen

Insgesamt großes Lob an die Mutigen, die mit ihren Eltern vor unserer Kamera gesprochen haben. Das Fazit unseres kleinen Versuchs: Die meisten Mamas und Papas haben laut ihren Kindern durchaus den Wunsch, nachzuvollziehen, was der Nachwuchs arbeitet. Also sollten wir ihnen die Chance geben, das zu verstehen. Wer verstanden werden will, muss aber erklären können. Und zwar ohne Plastikwörter und Marketing-Sprech. Mit ein bisschen Fantasie ist das gar nicht so schwierig.

Wer ein bisschen üben will: Ihr könnt gerne unter dem hashtag #erklärsmama eure Jobs, den Digital-Jargon und alles, was sonst noch keiner außer euch kapiert, entmystifizieren. Oder einfach von euren Verständigungsproblemen mit euren Eltern berichten.