Dieser Artikel erschien zuerst in der DGPuK-Publikation „Aviso“. VOCER übernimmt ihn mit freundlicher Genehmigung.


Soviel vorweg: Die Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) ist defizitär, das öffentliche Image der Kommunikationswissenschaft in Deutschland weiterhin deutlich verbesserungsbedürftig. Klaus-Dieter Altmeppen hat es in einem Rundbrief an die Mitglieder vor einiger Zeit erneut gesagt: Der Medienjournalismus ignoriert die Fachgesellschaft und damit auch die zentralen Erkenntnisse und Errungenschaften der Fachwissenschaft.

Die letzte DGPuK-Jahrestagung in Dortmund war wieder ein Musterbeispiel an Ignoranz. Da wollten wir nun der Fachöffentlichkeit mal zeigen, wie praktisch und anwendungsrelevant Kommunikationswissenschaft sein kann und will. Resonanz? Fehlanzeige. Doch statt sich in der ewig gestrigen Frage zu ergehen, ob es nun eine Holschuld der Öffentlichkeit und seiner Medien ist oder eine Bringschuld der Wissenschaft, sollten wir uns zeitgemäße Kommunikationsstrategien überlegen.

Nachwuchs richtig heranziehen

Die beste Werbung für unser Fach ist so schlicht und banal, dass wir sie offenbar seit Jahrzehnten übersehen haben. Einige Zehntausend graduierte Kommunikationswissenschaftler haben wir schon in die Arbeitswelt entlassen, ohne den Multiplikatoreffekt unserer Absolventen, die im Durchschnitt sechs Jahre mit uns im Kontakt standen, zu nutzen.

Zufriedene Absolventen, die in ihrem Studium verstanden haben, zu welchem Zweck wir Methodenwissen, Reflexionswissen und berufspraktische Kompetenzen lehren, sind der beste Garant dafür, in den gesellschaftlichen Umwelten Medien, Wirtschaft und Politik als wissenschaftliche Disziplin Anerkennung zu finden. Universitätsabsolventen, die mit der Vermittlung von theoretischem Grundlagenwissen und praktischen Fertigkeiten für Journalismus, PR, Unternehmenskommunikation, Marketing und Medienforschung zufrieden sind und nicht den Eindruck haben, ihre akademischen Lehrer scheren sich einen Dreck um die Berufsbefähigung, machen die beste Öffentlichkeitsarbeit für unser Fach. Sie tragen unsere Kommunikation in die anderen Systeme und damit auch in die Öffentlichkeit. Zumindest potenziell.

Schon lange bilden wir nicht mehr nur für unseren eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs aus, dazu sind unsere Institute und Lehrstühle schon seit mindestens drei Jahrzehnten zu gut ausgestattet. Konten sich die Gründerväter und -mütter unseres Fachs mit Recht auf den Standpunkt zurückziehen, dass ihr Wirken in der wissenschaftlichen Lehre allein der Aufzucht des wissenschaftlichen Nachwuchses galt, müssen wir heute unsere Curricula auch an anderen Erfordernissen ausrichten, und zwar denen des (Arbeits-)Marktes.

Wir haben uns zu lange das Missverständnis der Studierenden zunutze gemacht, dass Ihr Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sie automatisch zu Journalisten und später dann zu PR-Spezialisten macht. Und wir haben unsere enormen Ausbildungskapazitäten und quantitativen Ausbildungsleistungen als Argument genutzt, Mittel und Ressourcen zu akquirieren, die doch eigentlich zum alleinigen Zweck der Forschung verwendet wurden.

Aber wir haben es grosso modo versäumt, dem Rechtfertigungsgrund für unsere enorme Expansion seit den Siebzigern einen  soliden Gegenwert zu verschaffen. Sie können ja in die Medien gehen, haben wir ihnen gesagt, aber außer etwas Feigenblattpraxis in schlecht ausgestatteten Lehrredaktionen wollten wir den in die Medienpraxis strebenden Studierenden nicht viel bieten, das einen direkten Nutzen für ihre berufliche Zukunft hat. Ein Blick in die Studienordnungen der etablierten Institute zeigt, dass wir zumindest in dieser Hinsicht durchaus explizit waren.

Junge Standorte weisen den Weg in die Öffentlichkeit

Bologna hat der wissenschaftlichen Lehre allgemein geschadet, fraglos auch der Kommunikationswissenschaft. Aber Bologna hat uns auch genutzt, weil wir nun zum Umdenken gezwungen wurden. Nicht ohne Grund sind es die neueren und neuesten Standorte der Kommunikationswissenschaft, die berufsqualifizierend geplant und ausgerichtet wurden, die nun im Hochschul-Ranking den Ton angeben.

2008 war es Augsburg, 2011 Passau, Friedrichhafen, Erfurt, Mannheim und Düsseldorf. Und auch das regelmäßige gute Abschneiden vom noch eher jüngeren Standort Hannover ist nicht vom Himmel gefallen. Solche Institute schleppen zumindest in der Lehre weniger Ballast mit sich herum, werden markt- und bedarfsgerecht konzipiert und kümmern sich um ihre aktiven und ehemaligen Studenten.

Zweifelsfrei, das Fach ist (mal wieder) in einer Umbruchphase, die über die Modularisierung der Studiengänge und über die Umbrüche der Öffentlichkeit weit hinausreicht. Die Landkarte der Kommunikationswissenschaft verändert sich, Stecknadelköpfe wachsen sich langsam zu Reiszwecken aus.  Im Bereich der Forschung wird das Wachstum der neuen KW-Standorte noch deutlich länger dauern, aber da ist in Sachen Öffentlichkeitsarbeit auch wenig zu holen.

Die Generation der in jüngster Zeit neu berufenen Professorinnen und Professoren hat es aber in der Hand, nicht nur die etablierten Institute und Standorte vor sich her zu treiben, sondern durch das konsequente Verfolgen zeitgemäßer Lehrkonzepte eine Kommunikationspolitik zu betreiben, die dem Fach insgesamt öffentlich nutzt, indem es nicht länger die Missverständnisse orientierungsloser Studienbewerber für einseitige Zwecke missbraucht.