Die Verdrängung der Spielerfrau
Selbst wenn man gut auf sie verzichten kann, ist es doch immer wieder tragisch, wenn Medien-Ikonen quasi lautlos von der Bildfläche verschwinden. In diesem Jahr hat es nun endgültig die Spielerfrau erwischt, die schon während der vergangenen internationalen Meisterschaften nicht mehr allzu viel von sich reden machte. Bei der Uefa Euro 2012, gerade mit einem Sieg für Spanien zu Ende gegangen, kam sie schlichtweg kaum mehr vor in der Berichterstattung. Schlimmer noch: Keinem schien sie wirklich zu fehlen. Selbst der Boulevard verging sich eher lustlos an dem Sex-Symbol; mehr als eine lieblose Klickstrecke war selten drin.
Der Grund dafür ist womöglich ein rein technischer, heißt ziemlich banaler: Die Regie – man weiß es spätestens seit der nachträglich eingebauten Szene mit Löw und dem Balljungen – wird global geführt, in jedem Land flimmern also fast dieselben Bilder über den Schirm. Und die deutsche Spielerfrau hat es eben nie zu so großem internationalem Ruhm gebracht, dass die Uefa sie filmenswert fände. So wie die Victoria oder die Sylvie, die ja noch heute andauernd zu sehen sind, auch wenn ihre Männer längst den Platz verlassen haben. Einzig der internationale Popstar Shakira, aktuelle Freundin des spanischen Nationalspielers Gerard Piqué und bekannt geworden durch Nimm-mich-Songs wie „Underneath Your Clothes“ und „Whenever, Wherever“, wurde eifrig begafft, wenn sie denn mal da war.
Die Bildpolitik der Uefa ist mithin von noch durchschlagenderem Erfolg, als es auf den ersten Blick scheint: Während der Live-Übertragung kommen mittlerweile fast gar keine Frauen mehr vor, die einen Namen haben (kommentieren dürfen sie höchstens im Anschluss).
Von der Einsamkeit der Spielerfrauen
Nun könnte man diese Verdrängung der Spielerfrau selbstredend als überfällige Erlösung von der so merkwürdigen wie peinlichen deutschen Erotik feiern, die mit medialer Weiblichkeit oft verblüffend wenig anzufangen wusste und stattdessen ein ums andere Mal das fleischgewordene Potenzversprechen inszeniert. Allein, die Spielerfrau ist eben nicht völlig verschwunden; ein paar Rollen darf sie hier und da schon noch spielen, auch jenseits der Klickstrecken. Zum Beispiel den Part der weisen Alten, die gute Ratschläge und bemitleidenswerte Erfahrungen beizutragen hat: „Claudia Effenberg klagt über Einsamkeit der Spielerfrauen“, lautete eine Meldung der Nachrichtenagentur dapd, die nicht wenige Zeitungen als verbreitenswert befanden.
Selbst vor dem Beginn der EM stand die Spielerfrau schon im Verdacht, der nationalen Sache eher zu schaden denn zu nützen: „Löw geht auf Boateng los“, dichtete die „Bild“-Zeitung, nachdem herausgekommen war, dass sich der Abwehrspieler in der Nacht vor dem Abflug zur Meisterschaft mit dem „Nacktmodel Gina-Lisa Lohfink“ getroffen hatte – was wohl nur gar so schwer wog, weil diese Blondine ganz sicher nicht die übliche Spielerfrau-Karriere (Heiraten, Kinderkriegen und trotzdem Schönaussehen) im Sinn hat. Was nämlich „Schweini“ und „seine“ Sarah in ihrer letzten gemeinsamen Nacht getrieben haben, darüber erfährt man selbstredend nichts. Die sind schließlich verheiratet.
Auch die wiederholten Auftritte der früheren „Germany’s Next Top Model“-Siegerin und Sami-Khedira-Freundin namens Lena Gercke als Spielerfrau (ebenfalls noch ohne Trauschein) sollen für Unmut beim DFB gesorgt haben, da sie angeblich zu viel der Aufmerksamkeit auf sich gezogen habe als bliebe – welche Verblendung! – für die deutsche Mannschaft dann nicht mehr genug davon übrig.
So endet die Spielerfrau, wie wohl jeder mythische Figur zugrunde geht: als kuriose Gestalt, die schon immer nur die Aufgabe hatte, einem anderen den Platz in der Geschichte warm zu halten, während er auf dem Feld die Siege erringt. Wir werden sie vermutlich genauso schnell vergessen wie jede andere Medien-Ikone vor ihr. Tragisch, aber wahr.