Hinschauen, wo es dunkel ist und stinkt
Laudatio auf Whistleblower-Preisträger Edward Snowden
Da schwingt ein Kammerton in unseren westlichen Gesellschaften, zielgerichtet, unentrinnbar, nicht sehr laut. Er durchdringt unseren Alltag, unseren Konsum, unsere Wünsche und Träume. Unsere Geschäfte, unsere Willensbildung, unsere Entscheidungen. Eingestimmt werden wir auf die Verknüpfung von Big Data und Big State, aber noch hören die meisten kaum hin. Anstatt Misstrauen zur höchsten Bürgertugend auszurufen, unterwerfen wir uns der Update-Diktatur von kommerziellen Netzriesen genauso wie dem Schnüffelwahn der Staaten. Vielleicht keimt da ein ganz neuartiger Totalitarismus heran, und wir haben schon aufgegeben, ihn erkennen zu wollen. Wie beklemmend.
Darum ist es gut, genau hier zu sein. Wir teilen nicht nur ein ähnliches Verständnis von Machtmissbrauch und demokratischer Gegenwehr. Wir definieren die Bedeutung der Spähaffäre als das, was sie ist. Historisch. Die Enthüllung der NSA-Aktivitäten und die darauf folgenden, weltweiten Diskussionen über die Zukunft der Privatsphäre in einer digitalen Gesellschaft sind ein Wendepunkt. Niemand wird später sagen können, er habe von der schleichenden Erosion der Demokratie nichts mitbekommen.
Edward Snowden hat Politiker, Diplomaten, Juristen und Geheimdienstler der Welt in Erklärungsnot gebracht. Er hat ein Schlaglicht auf die neue Balance zwischen Staat, Gesellschaft und Individuum im digitalen Zeitalter geworfen: Wer kontrolliert wen, wer hat die Deutungshoheit, wer ist schützenswert? Wer sind die Profiteure von Data-Mining, warum machen Weltkonzerne so eilfertig einen Kotau vor den Diensten, was haben sie wohl davon? Große Fragen, die wir ohne Snowdens Schritt in die Öffentlichkeit gar nicht stellen würden.
Und nun? Ausgerechnet demokratische Regierungen reagieren mit Gesten der Vormoderne: Bestrafung, Zensur, Einschüchterung, Verächtlichmachung der Diskurse. Gesetze werden sinnentstellt. In dieser Logik sind nur regierbare Bürger gute Bürger. Untertanen eben. Dies ist wahrlich ein Konflikt des 21. Jahrhunderts, verhandelt mit den Werkzeugen des 20.
Die US-Administration, aber auch die deutsche Regierung argumentieren gern mit verhinderten Terroranschlägen. 50 verhinderte Terrorakte in den USA, 5 hierzulande. Die, zum Teil partnerschaftliche, Datenausbeutung der Dienste hätten Schlimmes abgewehrt.
Mag sogar sein, aber hat dann die Öffentlichkeit nicht das Recht, Genaueres zu erfahren? Wie gefährlich waren die Anschlags-Pläne? Wie realistisch ihre Ausführung? Wären sie auch ohne Prism-Software aufgeflogen? Das Bundeskanzleramt und das Innenministerium verkündeten allen Ernstes: „Die NSA und der britische Nachrichtendienst haben erklärt, dass sie sich in Deutschland an deutsches Recht halten.“ Punkt. Und das soll mir, einer Bürgerin in einer demokratischen Zivilgesellschaft, die Sorge nehmen, dass ich ein Leben lang verdächtig bin? Nicht nur digital nackt, sondern verdächtig? Das soll meine Fassungslosigkeit beseitigen, dass – vielleicht – mit ausgespähten deutschen Handydaten amerikanische Drohnen Menschen in Afghanistan töten – ohne Gerichtsprozess, ohne Urteil?
Und gibt es keine Sicherheitslage, keinen Terroralarm, dann bedient sich die Sicherheitslobby gern des schwammigen Begriffs des „Staatswohls“. Damit lassen sich nicht nur illegale Aktionen rechtfertigen, sondern die zunehmende Verschiebung von roten Linien. Dazu gehört das Mantra: „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“ Der Satz ist, leider, Allgemeingut geworden und fördert die Duldungsstarre der Bürger. So plausibel. So unverschämt. (Oder wie es die Piraten sagen: „Wenn ich nichts zu verbergen habe, warum wollt ihr das wissen?“)
Ich klicke, also bin ich
Der Schriftsteller Ilya Trojanow sagte neulich in der „NZZ“ dazu: „Heute gehen die informationssaugenden Behörden nicht mehr von einem verdächtigen Individuum aus, dessen Verhalten und Kommunikation zu überwachen ist, sondern von einer verdächtigen Gesellschaft, die als Ganze durchleuchtet werden muss, um die Gefährlichen, Auffälligen, Kritischen und Renitenten herauszufischen.“
Seit Snowdens Enthüllungen treibt mich ein Bedürfnis um, den Zustand unserer Demokratie zu reflektieren, jenseits von Wahlterminen. Ich weiß nicht, ob auch hierzulande ein „tiefer Staat“ entsteht. Dessen Ingredienzen wären Verselbstständigungsprozesse in Apparaten, überholte Kontrolltools des Parlaments, unaufmerksame Medien, begleitet vom ungeheuren Potential des Data Mining.
Ich weiß auch nicht, ob ich die Sammelei der Dienste oder die der Konzerne wie Apple, Google, Amazon und Co. mehr fürchten sollte. Ich ahne nur, dass die Kluft zwischen Staat und Gesellschaft tiefer wird, als die zur Zeit des Kalten Krieges, der vor-digitalen Zeit. Damals existierte ein gewisser Konsens in den westlichen Demokratien über das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit. Immer wurde der Konsens geprüft. Volkszählung, Großer Lauschangriff Rasterfahndung, Vorratsdatenspeicherung = Überwachungsstaat = nein, danke. Und wütende Bürger gingen zu Zehntausenden auf die Straße.
Und heute? Das Netz ist Überwachung, punkt. Es lockt geradezu mit dauerhafter Überwachung der Konsumenten und Kommunikationswilligen. Das Netz verleiht mir sogar eine sehr detaillierte Identität. Ich klicke, also bin ich. Ich bin längst berechenbar, qualifizierbar. Und das, was über mich gespeichert und gelesen wird, ist genauso wirklich wie mein analoges Ich.
Schon schwer eine besondere Sensibilität gegenüber staatlichen Datenkraken zu entwickeln, wenn man sich mit dem „Like“-Button durchs Leben klickt.
Ein Weckruf für alle
Nur weil das Unwissen der Bürger in Sachen Datensicherheit weiterhin groß ist, kann die Politik ins Vage und Ungefähre abtauchen. 500 Millionen in Deutschland gesammelte Daten in einem Monat? Oder doch von Deutschland im Ausland ausgespäht? Ob das überhaupt auswertbar ist? Ohnehin, alles längst bekannter Usus. Beziehungsweise, Neuland.
Wohlklingendes behaupten, Selbstverständliches betonen, so fasst es der Blogger Sascha Lobo zusammen. So lullt man kostenfrei das Misstrauen von uns Bürgern ein, bevor es überhaupt wach wird.
Die Reaktionen auf Snowdens Enthüllungen hierzulande waren zum Teil erschreckend, zum Teil lächerlich. Während in den USA Senatoren sagen durften, Snowden möge zurückkommen, ihm drohe nicht Todesstrafe oder Folter (!!!), verniedlichte unsere politische Kaste das Geschehen zum Wahlkampfthema. Oder erklärte die Debatte für beendet.
Dabei schreit es nach Konkretisierung: Braucht der Datenschutzbeauftragte mehr Handlungsspielraum oder das Kontrollgremium des Parlaments? Ist der BND entfesselt? Und ich, die normale Verbraucherin, muss wohl schleunigst Verschlüsselungsprogramme lernen, auf Cryptopartys gehen, muss Privatsphäre kaufen, weil mein Land meine Privatsphäre nicht schützen kann. Fühlt sich an wie Kapitulation.
Edward Snowdens Tat sollte ein Weckruf für uns alle sein: Wie wollen wir es halten mit dem Verhältnis von Sicherheit und Freiheit? Was ist Staats-Aufgabe, was muss Zivilgesellschaft verlangen?
Ein Staat hat das Recht, seine Interessen zu schützen, ja. Aber Bürger haben nicht die Pflicht, „staatstragend“ zu sein. Edward Snowden hat – in meinem Wertesystem – „staatsbürgerlich“ gehandelt. Die USA haben ihm dafür den Pass, den Nachweis der staatsbürgerlichen Existenz, entzogen.
Ich habe versucht, mich in Edward Snowden hineinzuversetzen. Es heißt, er habe sich in dem Augenblick zu seiner Tat entschieden, als seine Vorgesetzten die Öffentlichkeit über den Umfang der Datensammlungen belogen. Und ja, es macht fassungslos, dass James Clapper, der Chef sämtlicher US-Geheimdienste, noch im Amt sein darf, obwohl er nachweislich im März Kongressmitglieder über die NSA-Spähprogramme anlog und dann nach Snowdens Enthüllungen die absurde Formulierung fand, seine Lüge sei die „am wenigsten unwahre Antwort“ gewesen. Das klingt wie Orwells „1984“, Winston Smith im Neusprech-Rausch.
Vertuschen, verdrehen und die Öffentlichkeit für bodenlos dumm oder vergesslich zu halten, manche Menschen haben eben Reflexe gegen solche Manöver. Ihren gesunden Menschenverstand. Ihr moralisches Kapital. Snowden setzte nicht nur einen Scoop in die Welt, sondern seine Existenz aufs Spiel.
Wie ist wohl dieser Moment, wenn ein Whistleblower auf „Send“ drückt, wenn die Entscheidung fällt? Oder vor ihm und anderen das rote Licht einer Kamera angeht? Wenn der Umschlag in den Briefkasten rutscht? Die Minute Null.
Muss man sie sich als Katharsis vorstellen, endlich sind das Abwägen, das Grübeln und Zweifeln zu Ende? Als starkes Herzklopfen?
Die Minute Null. Klar ist nur: Von nun an ist nichts mehr wie vorher. Isolation, Mobbing drohen. Physischer und psychischer Druck. Jobverlust. Existenzverlust. Gefängnis, Verachtung. Studien belegen, dass 90 Prozent aller Whistleblower zuerst intern auf Missstände hinweisen und dann erst an die Öffentlichkeit gehen. Aber was ist, wenn die Behörde, die Firma, die Institution selbst Missstände zum Prinzip oder Geschäftsmodell gemacht haben? Und Anerkennung, Schutzangebote oder Dank sind nie der erste Reflex der aufgeschreckten Öffentlichkeit. Nein, Davids Kampf gegen Goliath ist eine Schulhof-Rauferei im Vergleich zur Minute Null.
Hinschauen, wo es dunkel ist und stinkt
Edward Snowden hat Transparenz erzwungen, wo keine war. Er hat gezeigt, wo Wanzen stecken und Freiheit verschwindet. Das klingt nach Glanz und Gloria, aber man muss Snowden und andere gar nicht heroisieren. Mir reicht es schon, ihr Engagement für die Wahrheit zu respektieren. Vergessen wir nicht Bradley Manning, der der Welt die „Killer-Videos“ offenbarte. Aufnahmen von gezielten Schüssen aus US-Kampfhubschraubern auf Zivilisten auf Bagdads Straßen – das konnte er nicht mit seinem eigenen Patriotismus in Einklang bringen. Zwölf Tote, darunter zwei Kollegen von Reuters. Mannings Leben ist zerstört, die Schützen sind meines Wissens noch nicht einmal angeklagt… Oder John Kiriakou, der ehemalige CIA-Agent, der die Folter durch Waterboarding bekannt machte. Er sitzt – die Folterer nicht.
Whistleblower wie Snowden oder Manning schauen hin, wo es dunkel ist. Wo es stinkt. Uns nützt der Blick, aber sie zahlen den Preis. Beschämend, dass die Zivilgesellschaft denen keinen festen Schutz bieten kann, die uns auf Machtmissbrauch hinweisen. Nicht in den USA. Nicht in Europa. Nicht in Deutschland.
Auf den Bühnen der veröffentlichten Meinung wurde in den letzten Wochen gern das Drama „Whistleblower: Held oder Verräter“ aufgeführt. Ein plumper Gegensatz, in meiner Sicht. Gewiss, Edward Snowden hat einen massiven Regelverstoß begangen – mindestens -, indem er die Geheimhaltungsklauseln seines Arbeitsvertrages verletzte. Er hat sein Wissen nicht teuer verkauft und er hat seiner Tat seinen Namen gegeben, sich sichtbar gemacht. Mir gefällt der Begriff „ethischer Dissident“ da sehr.
In der Jurybegründung (zur Verleihung des Whistleblower-Preises 2013, Anmerkung der Redaktion) heißt es in schöner Sachlichkeit:
Snowden hat die massenhafte und verdachtsunabhängige Ausforschung und Speicherung von E-Mails, IP-Adressen sowie von telefon- und anderen Kommunikationsdaten durch US- und andere westliche Geheimdienste öffentlich gemacht (…) und seine Enthüllungen machen es möglich und unausweichlich, die Fakten- und Beweislage durch Regierung, Parlamente, Gerichte und die kritische Öffentlichkeit intensiv zu klären. Mit dem Ziel zu prüfen, ob geltendes Recht verletzt wurde.
„The public needs to decide whether these programs and policies are right or wrong.“ So erklärte sich Snowden im Interview mit dem „Guardian“. Die Öffentlichkeit muss entscheiden.
Und der große Gegner erschreckte ihn nicht, die Regierung der Weltmacht USA. Edward Snowden setzte auf die andere Weltmacht, die öffentliche Meinung. Das ist Verrat – aus Treue zur Demokratie. Aus streng geheim möge streng öffentlich werden. Und so müssen wir hier den Fall Snowden anders diskutieren als etwa die Regierung der USA. Eben als Staatsbürger, nicht als Staatsträger. Im Kontext unserer Freiheitsrechte, unseres Wertefundaments, unserer demokratischen Bedürfnisse nach Transparenz und Rechenschaftspflicht.
Alles prima geregelt
Whistleblower: Von ihnen bekommt die Zivilgesellschaft Impulse, das Falsche, das Ungerechte korrigieren zu können. Wir haben etwas davon – auch wir Journalisten. Viele Enthüllungen in der Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft fangen bei einem Informanten an, der Interna weitergibt. Weil er oder sie überzeugt ist, dass das Recht der Öffentlichkeit, von Missständen zu erfahren, größer ist als seine Pflicht, Betriebsgeheimnisse zu wahren. Interessenspolitik, Fehlleistungen, Gesetzesverstöße und Korruption werden ja nie freiwillig zugegeben, sondern meist von Überzeugungstätern mühselig ausgebuddelt, gegenrecherchiert, dokumentiert. Hat je ein Geheimdienst freiwillig zugegeben, dass er sich millionenfach und weltweit über verbriefte Grundrechte hinwegsetzt? Haben je Machthaber freiwillig Machtmissbrauch eingeräumt? Hat je eine Firma einfach so offenbart, die Umwelt vergiftet oder Mitarbeiter um Löhne geprellt zu haben? Oder ein Pflegeheim die kriminelle Vernachlässigung alter, hilfloser Menschen? Darum müssen Whistleblower gesetzlich geschützt werden. Und ihre Partner in den Medien müssen sich darauf verlassen können, dass der Informanten- und Quellenschutz nicht ausgehöhlt wird.
Edward Snowden könnte den investigativen Journalismus auch hierzulande beleben. Unabhängig berichten, einer kritischen Öffentlichkeit dienen und keine Angst vor großen Gegnern haben – diese eigentlich selbstverständliche Grundhaltung von Journalisten erhält jedes Mal frischen Sauerstoff, wenn interne Hinweisgeber uns kontaktieren. Glauben Sie mir, die Stimmung, das Adrenalin steigt, wenn unsereins im Berufsalltag das noch nicht veröffentlichte Dokument vor sich liegen sieht. Um ein kleines, eigenes Erfolgserlebnis einzuflechten: Bei „Monitor“ enthüllten wir wie Lobbyisten mächtiger Branchen an Gesetzen mitschrieben und an Schreibtischen in deutschen Ministerien saßen – ein Skandal, von Informanten sichtbar gemacht. Die unrühmliche Praxis wurde erst bestritten, dann abgeschafft.
Whistleblower helfen Journalisten bei einer ganz wesentlichen Aufgabe: die dunkle Seite der Macht auszuleuchten. Warum finden sich wohl auf so vielen Dokumenten, Studien, Gesetz-Entwürfen und Depeschen „top secret“-Vermerke? Wohl auch, um Entscheidungsträger vor unangenehmen Fragen zu schützen.
Investigativer Journalismus ist im besten Sinne anti-autoritär, unsere Verantwortung läuft nicht darauf hinaus, die Mächtigen zu schonen. Die Zusammenarbeit zwischen Journalisten und Whistleblowern organisiert Transparenz und hilft gute Fragen zu stellen: Toleriert eine Regierung Folteraktionen? Werden aus wirtschaftlichen Interessen Menschenrechte geopfert? Schaut man bei Korruption und Repression weg, weil es grad mal der Verbündete ist? Welche PR-Arbeit wird betrieben, um uns – sagen wir mal – von einem Kriegseinsatz zu überzeugen?
Das Recht einer Regierung auf Geheimhaltung ist in meiner Sicht nicht grundsätzlich größer als das Recht der Öffentlichkeit auf Information und Aufklärung.
Edward Snowden ist der erste politische Asylbewerber des digitalen Zeitalters, er lebt jetzt – wie absurd – in Russland. Das FBI hat am 14. Juni Strafanzeige gegen ihn erstattet. Ihm wird bisher Diebstahl von Regierungseigentum, widerrechtliche Weitergabe geheimer Informationen sowie Spionage vorgeworfen. Dafür kann er 30 Jahre ins Gefängnis kommen. Seine Freiheit, seine bürgerliche Existenz zu sichern, hat Europa, hat Deutschland ausgerechnet ans Regime Putin delegiert. Bei uns wird es keinen Platz für einen transnationalen Störenfried geben. Da sei die ängstliche Interpretation des Asylrechts vor!
Wenn man freilich der Politik hierzulande glaubt, ist alles inzwischen prima geregelt. Irgendwann kommt das No-Spy-Abkommen zwischen den USA und Deutschland zustande. Und Präsident Barack Obama hat doch einen Vier-Punkte-Plan für mehr Transparenz bei den Diensten versprochen. Na, also. Alle benehmen sich gut, das Publikum möge sich beruhigen. Game over. Zeitgleich aber gibt der verschlüsselte E-Mail-Dienst von Snowden lieber auf, als sich dem Druck von – nun ja, wem genau? – zu beugen. David Miranda, der Lebensgefährte des „Guardian“-Journalisten Glenn Greenwald, wird im Transitbereich des Flughafens Heathrow knapp neun Stunden lang festgesetzt, seine elektronischen Geräte: beschlagnahmt. Der „Guardian“ selbst steht unter massivem Druck, Festplatten werden unter Aufsicht zerstört – you have had your fun.
Wer hat das Sagen im digitalen Zeitalter?
Allen Realpolitikern, Zynikern und Hasenherzigen zum Trotz: Verbriefte Werte wie Gerechtigkeit, Freiheit verknöchern nie. Konsum und Überwachung dürfen nicht ihren Platz einnehmen. Transparenz schaffen für das Wohl aller, für das Wissen aller, für den Fortschritt aller – das wäre ein schönerer Ehrgeiz als unsere Informationsflüsse einfach Konzernen und Geheimdiensten zu überlassen. Wir stehen am Scheideweg.
Ich ende mit meinem Lieblingszitat von Joseph Pulitzer, als hätte der den Whistleblower Edward Snowden vorausgeahnt:
Es gibt kein Verbrechen, keinen Kniff, keinen Trick, keinen Schwindel, kein Laster, das nicht von Geheimhaltung lebt. Bringt diese Heimlichkeiten ans Tageslicht, beschreibt sie, macht sie vor aller Augen lächerlich. Und früher oder später wird die öffentliche Meinung sie hinwegfegen. Bekannt machen allein genügt nicht – aber es ist das einzige Mittel, ohne das alle anderen versagen.
Diese Laudatio hielt Fernsehjournalistin Sonia Seymour Mikich anlässlich der Verleihung des Whistleblower-Preises 2013 (durch die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, die International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA) und Transparency International) an Edward Snowden.