Homosexuelle in den Medien (Erklärer)
Auch wenn in den Medien oft ein anderer Eindruck vermittelt wird: Mit der Gleichstellung der Ehe wird die Geschichte der Diffamierung von Homosexuellen nicht zu Ende sein. Es beginnt nur ein neues Kapitel. Viele Medien scheinen überfordert zu sein, dort eine adäquate Rolle zu finden. Aber was ist adäquat? Zwischen Skandalisierung und Verklärung einerseits und Beklemmung und Tuschelei andererseits ist es offensichtlich nicht leicht, einen angemessenen Zwischenweg zu finden. Kann es den überhaupt geben?
Unterschwellige aber auch offene Homosexuellen-Feindlichkeit in den Medien ist Alltag, wird aber oft gar nicht als solche wahrgenommen. Haben wir uns so an die Art der Darstellung von Homosexuellen in der Öffentlichkeit gewöhnt, dass wir sie gar nicht mehr hinterfragen?
Warum ist über zwanzig Jahre nach Rosa von Praunheims Auftritt auf dem „Heissen Stuhl“ das Outing und die damit verbundene Erpressung durch Medien immer noch ein Thema? Und das, wo es doch angeblich so unwichtig ist, ob jemand homosexuell ist oder nicht?
Auf der anderen Seite hat sich in den letzten Jahren eine gewisse Selbstverständlichkeit, eine „Normalität“ entwickelt, mit der Homosexuelle als Charaktere in Film- und Fernsehproduktionen auftauchen. Aber welche Rolle spielen sie da? Und warum sind es fast nur Männer?
In diesem Dossier geht es um Homosexuelle in den Medien. Als Gegenstand von Fiktion und Berichterstattung, als Projektionsfläche aber auch als Macherinnen und Macher. Wir werden uns nicht mit der Beschreibung von Klischees aufhalten sondern versuchen, einen Schritt weiter zu gehen: Wann wird das Klischee zur Lüge? Was hat Methode, was ist einfach nur Unbeholfenheit?
Wir wollen mit diesem Dossier auch ein Forum bieten für die Geschichten hinter den Geschichten von Homosexuellen in den Medien. Vielleicht kann es ja auf einem Portal wie diesem, dass sich nicht der Gunst der Medienöffentlichkeit stellen muss gelingen, was man sich für die Zukunft in allen Medien wünschen sollte: Dass Erlebtes nicht dadurch erst relevant wird, weil es von Homosexuellen erlebt wurde. Der Gegenentwurf also für ein Genre, zu dessem Verschwinden wir mit diesem Dossier beitragen wollen: die „Homo-Beichte“.
Dieses Dossier wird verantwortet von Johannes Kram.