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Im Gerichtssaal der Öffentlichkeit (Erklärer)

Richter, Staatsanwalt, Angeklagter, Verteidiger – die Protagonisten eines Strafprozesses sind seit jeher klar. Doch längst hat sich ein weiterer Akteur vor allem in Verfahren gegen prominenten Angeklagte eingeschlichen: die Medien.

2011 zeigte sich das zum Beispiel – massiv wie nie zuvor – im „Fall Kachelmann“, der nicht nur im Mannheimer Gerichtssaal, sondern auch im Gerichtshof der Öffentlichkeit verhandelt wurde. Dabei folgte ein Tabubruch dem nächsten: Journalisten verletzten Persönlichkeitsrechte, missachteten die Unschuldsvermutung, zitierten schon vor vor Beginn der Hauptverhandlung munter und detailreich aus den Ermittlungsakten, ergriffen Partei, spielten Ersatzrichter, sprachen Urteile. Wie konnte es soweit kommen? 

Der Fall Kachelmann ist nur der vorläufige Gipfel einer Entwicklung, die seit Jahren nicht aufzuhalten ist. Die Grenze des ethisch Vertretbaren und des journalistisch Korrekten wurde auch bei anderen Prozessen gewaltig überschritten, und das  nicht nur vom Boulevard. Die Sitten sind schon länger verroht.

In diesem Dossier geht es um die seltsame und unheilige Allianz zwischen Justiz und Medien – eine Allianz, die Fragen aufwirft: Wie groß ist der Einfluss der Berichterstatter auf die Verfahren? Dürfen oder sollten sich Medien gar in einen Strafprozess einmischen? Wo beginnt Verdachtsberichterstattung, wo hört sie auf? Wie kooperieren die Verteidiger mit Journalisten, inwieweit instrumentalisieren sie sie sogar? Wie müssen Gerichte und Staatsanwaltschaften auf die neue Medienwelt reagieren? Was darf, was muss das Publikum erfahren? Wie wichtig ist Litigation-PR, prozessbegleitende Öffentlichkeitsarbeit?

Juristen und Journalisten geben Antworten, berichten von ihren Erfahrungen und Beobachtungen im Gerichtshof der Öffentlichkeit, ordnen die Rollen, die Aufgaben von Justiz und Medien neu.


Das Dossier „Im Gerichtssaal der Öffentlichkeit“ wird verantwortet von VOCER-Mitherausgeber Robert Bongen.