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Netzpolitik, The Hoff und Teddybären: Learnings von der #rp14

Nora Burgard und Claudia Pelzer

autor_nora-burgard autor_claudia-pelzerAuch bei der diesjährigen re:publica „Into the Wild“ lag wieder ein starker Fokus auf den Online-Geschäftsmodellen und -Arbeitsweisen. Erstmalig mischten sich zudem auffällig viele (staunende) Vertreter der klassischen Medien unter die Besucher, die im Rahmen der zweitägigen Media Convention zu Gast waren. Dabei wurde abermals der berühmte digitale Gap deutlich zwischen den Generationen „man müsste“ und „einfach mal machen“, wobei letztere unter anderem von den anwesenden YouTubern repräsentiert wurde.

Unten bei der re:publica drehte sich währenddessen alles um Datensicherheit und die Rückeroberung des Internets, auf unterschiedlichste Weise propagiert von Sascha Lobo und David Hasselhoff. Lobo: appelliert ans Publikum der Weltüberwachung mit dem Internet (aktiver!) entgegenzuwirken. Unter anderem mit digitaler Erzählung, neuen Begriffe (zum Beispiel #spähangriff, #spitzelattacke, #totalüberwachung sowie diversen Wortkombinationen). Er ruft zudem zum Marsch in die Institutionen und zur bewussten Anerkennungsverweigerung auf. Hasselhoff: was soll man sagen … ist eben The Hoff, Berliner Kult-Maskottchen und jetzt auch offizieller “Freedom-Ambassador” für das Anti-Virus-Unternehmen F-Secure.

Daneben haben wir drei Impulse mitgenommen zur digitalen Arbeitswelt der Zukunft:

1) Online = brotlose Kunst? Durchhalten!
„Die Verlage, die jetzt am meisten jammern, werden in ein paar Jahren vor Geld nicht mehr laufen können“ (Richard Gutjahr). Wir wollen und sollten in diesem Zusammenhang Dienste wie LaterPay beobachten. Gutjahr hat hierzu Bilanz gezogen: Während einer vierwöchigen Testphase erzielte er Einnahmen von 98 Euro für fünf Artikel. Ab Juni/Juli 2014 soll das LaterPay-Plugin für WordPress frei verfügbar sein.

2) Die Medienbranche erahnt wohin der Weg geht …
… fühlt sich dort aber nach wie vor fremd. Wenn Medien-Konzerne auf der Bühne predigen, dass Online-Bewegtbild ja (eigentlich) ihr Kerngeschäft und der neue strategische Fokus sei und daraufhin sehr unbeholfen versuchen ein YouTube Video abzuspielen, sagt das mehr als tausend Worte ;)

3) Die Eruption „normaler Arbeitsverhältnisse“ geht weiter
Gesche Joost betont, dass flexible mobile Arbeits- und Produktionsformen mehr denn je neue politische Konzepte brauchen. Eine vernetzte Gesellschaft bedeutet Partizipation, Produktionsprozesse werden weiter demokratisiert, Tools und geteiltes Wissen schaffen neue Chancen für Gender- und Diversity-Aspekte.

Christina Schmitt

autor_christina-schmittIch habe gelernt, dass fliegende Teddybären diplomatische Krisen verursachen können, dass Urbanisierung irgendwie auch mit Landgrab und ungerechter Kapitalverteilung zu tun hat, und nicht zuletzt: dass wir von einundleipzig etwas ganz Groooooßem auf der Spur sind. Vielleicht.

 

Jan Ewringmann

Ewringmann-JanVor allem habe ich gelernt, dass das Netz gar nicht so dynamisch und allmächtig ist, wie manche gerne meinen. Die Diskussionen um die Finanzierung von Online-Journalismus und Überwachung/Datenschutz/Privatsphäre haben deutlich gemacht, dass weder in Berlin noch im Silicon Valley jemand einen digitalen Zauberstab schwingt und prompt alle Probleme aus der Welt schafft. Neue Ideen, die nachhaltig wirken sollen, brauchen eben doch Zeit, um sich etablieren zu können. Die digitale Welt kann nicht von jetzt auf gleich die alten Strukturen in Politik und Wirtschaft einreißen und durch Neues ersetzen. Gut, dass die Mehrheit in Berlin sich einig war, dass es lohnt, es trotzdem zu versuchen.

Die von Sascha Lobo in seiner Rede zur Lage der Nation kritisierte Passivität der meisten Userinnen und User in Sachen Netzpolitik ist zwar ein alter Hut. Da zeigte sich aber wieder, dass es gar nicht die Netzgemeinde gibt, sondern dass es auch hier Experten, Engagierte und Durchschnittliche gibt, die eher selten an einem Strang ziehen.
Noch ein alter Hut: Die Wissenschaft tut sich immer noch schwer, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Das Interesse am Nonliner-Vortrag war zwar überraschend groß, viele waren aber von der Präsentation und dem Bezug der Forschungsarbeit zu anderen Bereichen etwas enttäuscht. Da geht noch mehr!

Persönlich hat mich gefreut, dass meine ehemaligen Kommilitonen von der Uni Bremen auch weiterhin selbst eine Exkursion zur re:publica organisieren. Vor zwei Jahren war ich einer der half, diese Fahrt zum ersten Mal mit zu organisieren. Es ist wichtig für die, die als Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Medienphänomene verstehen und erklären wollen, auch mal rauszukommen aus dem Hörsaal und das echte Leben nicht nur durch die Forschungsbrille zu betrachten. Dafür sollte auch weiterhin Geld von der Uni da sein.

Wolfgang Amann

autor_wolfgang-amannWovon ich auf der re:publica wohl am meisten gelernt habe, ist die ganz besondere Stimmung, die auf der Konferenz geherrscht hat. Denn auch wenn es vielen nicht gefallen hat, sich von Sascha Lobo in seiner „Rede zur Lage der Nation“ beschimpfen zu lassen, so hat er doch eines erreicht: Am ersten Tag eine Diskussion über Tätigkeit und Untätigkeit der „Netzgemeinde“ gegenüber den Sicherheitsesoterikern anzustoßen, die fortan den Geist der re:publica 2014 geprägt und den vielen anderen Vorträgen einen Rahmen gegeben hat. Was ich also noch gelernt habe: Dafür, dass diese wichtige Diskussion immer weiter geführt wird, sind wir alle verantwortlich, egal ob wir ein großes oder kleines Zahnrad in der Mechanik des Internets sind.