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Nikolaus Förster: „Wir sind kein Printmagazin, sondern ein Dienstleister“

Nikolaus Förster eilt mit einem Koffer in der Hand an mir vorbei, er ist gerade erst von einem Termin in der Stadt zurückgekommen. Wie so oft. Als er wieder aus seinem Büro kommt, sitzt der schwarze Anzug trotz der großen Eile erstaunlich knitterfrei. Mit freundlichem Lächeln nickt er mir zu: „Und, wollen wir?“ Wir werden heute über seinen Management-Buy-Out sprechen, über den Mut zum Risiko und den Wert von Qualität.

VOCER: Herr Förster, was hat Sie damals zu der Entscheidung bewogen, den Titel Impulse, den Sie seit 2009 als Chefredakteur betreut haben, vor der Einstellung zu retten?

Ich wusste sehr genau um die Stärke der Marke, des Netzwerks und die Qualität des Teams. Deswegen habe ich eine große Chance darin gesehen, diesen Schritt zu wagen. Es war eine Entscheidung für die Marke und auch für den Qualitätsjournalismus. Mir hätte es im Herzen weh getan, zu sehen, wie dieser Titel verkauft oder eingestellt worden wäre. Das hätte ich mir nie verziehen.

Sie haben jetzt von großem Potential gesprochen, das Sie selbst in der Impulse sehen. Wenn es da ist, warum hat Gruner + Jahr das nicht so gesehen?

Impulse war immer ein relativ konservativer Titel, hat sich in Krisenzeiten einigermaßen stabil gehalten, im Vergleich dazu aber auch in seiner guten Zeit nicht so viel Geld eingebracht. Strategisch gesehen passte Impulse auch nicht so gut in das G+J-Portfolio, das sich vor allem an Endverbraucher richtet. Insgesamt haben Wirtschaftstitel zuletzt stark an Auflage verloren. Weil man mit Impulse nicht viel Geld verdient hat und auch nicht wusste, wie man den Niedergang weiter aufhalten könnte, hat Gruner + Jahr sich von dem Titel sowie von Börse Online getrennt und die Financial Times Deutschland eingestellt.

Wie ging der Kauf der Impulse vonstatten? Wie haben Sie insbesondere die finanziellen Fragen geklärt und um welchen Betrag ging es bei der Übernahme?

Ich habe, während die MBO-Verhandlung liefen, mit potenziellen Kapitalgebern Kontakt aufgenommen, vor allem mit Banken, Finanzinvestoren und Unternehmern aus meinem Netzwerk. Am Ende hatte ich mehrere Optionen. Ich entschied mich dafür, Dirk Möhrle aus einer der Hamburger Unternehmerdynastien einen Minderheitsanteil an der Gesellschaft anzubieten. Für mich ist er eine ideale Ergänzung. Da er sehr viel mehr unternehmerische Erfahrungen als ich gesammelt hat – er hat unter anderem die Baumarktkette Max Bahr geführt, bevor sich seine Familie aus dem Geschäft zurückzog, ist er ein perfekter Sparringspartner für mich, vor allem für wichtige strategische Fragen. Uns verbinden die gleichen Werte und die Entschlossenheit, auch gegen den Mainstream zu agieren. Was den Kaufpreis angeht, habe ich mit Gruner + Jahr Stillschweigen vereinbart. Sagen lässt sich aber, dass wir den Preis reduzieren konnten, weil sämtliche Mitarbeiter, die ich von Gruner + Jahr in den neuen Verlag mitnahm, bereit waren, auf ihre Abfindungen zu verzichten.

Die Branche spricht ja nun schon seit längerer Zeit von der Printkrise. Das Internet nimmt an Bedeutung zu, während die Auflagen der Zeitschriften sinken. Ist es nicht gerade in Zeiten der Printkrise ziemlich waghalsig, ein solches Projekt zu starten?

Wir sind kein Printmagazin, sondern ein Dienstleister. Mein Konzept besteht nicht darin, unseren Kunden Papier anzubieten. Sie erhalten von uns – über alle Kanäle hinweg – Ideen, Tipps und Kontakte. Das reine Printmagazin gehört der Vergangenheit an. Unser Ansatz lautet: Wie schaffe ich es, tatsächlich Ideen zu vermitteln? Entscheidend ist, was wir bewirken – nicht, welchen Kanal wir dafür nutzen.

Sie sagen selbst, dass Sie Ihre Entscheidung nicht bereuen und den größten Vorteil in der Freiheit sehen, Ihren Titel gemeinsam mit Ihrem Team zu gestalten. Doch Freiheit kann auch abschrecken: Viele haben Angst vor dem Einstieg ins Freiberuflertum. Ist das nachvollziehbar?
Ich habe als Student nicht ein Mal drüber nachgedacht, mich selbstständig zu machen. Das ist traurig, weil mir nicht klar war, welche Chancen in einer Gründung stecken. Das ist heute nicht anders. Durch das Internet sind auch die Kosten geringer. Man muss aber gute Ideen haben, Lust und Durchhaltevermögen. Ich glaube fest daran, dass man in dem Bereich, für den man brennt, auch etwas bewegen kann.

In welchen Bereichen lassen sich die Fähigkeiten des journalistischen Nachwuchses am besten anbringen?

Man sollte sich klarmachen, dass es sich nicht um einen statischen Markt handelt, in dem man sich in einer Nische einrichtet. Allzu schnell gerät man in die Versuchung, sich selbst als Spielball des Arbeitsmarktes zu sehen – in der Hoffnung, irgendwann in eine Festanstellung hineinzurutschen. Das ist ein Fehler. Man hat selbst die Chance, etwas zu verändern. Dazu sollte man sich eine relativ simple Grundfrage stellen: Welchen Nutzen kann ich stiften? Etwas Journalistisches zu schreiben, ist ja kein Selbstzweck – so viel Spaß dies auch macht. Wir haben mit Impulse das Ziel, etwas Konkretes zu bewirken. Wir wollen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Selbstständige und Unternehmer wertvolle Impulse erhalten, die einen realen Bezug zu ihrem Alltag haben.

Gerade das Internet bietet heute jedem die Möglichkeit, Journalist zu spielen. Wie kann man als Einsteiger gegen die Masse ankommen? Welche Eigenschaften sollte man haben, um wettbewerbsfähig zu bleiben?

Das Wichtigste: Man sollte Leute begeistern können. Außerdem sollte man ein unabhängiger Geist sein und keine Angst vor Risiken haben; wer nur auf Sicherheit aus ist, wird schlechte Karten haben. Was die Unabhängigkeit betrifft, sind wir bei Impulse in einer privilegierten Situation. Wir sind völlig unabhängig, haben keinen Konzern hinter uns, keinen Verband, keine Bank. Das unterscheidet uns von vielen Akteuren in der Branche. Gemeinsam mit meinem Team glaube ich daran, dass dies beste Voraussetzungen dafür sind, durch unabhängigen Qualitätsjournalismus Erfolg zu haben.

Was ist Ihr abschließender Tipp für die angehenden Journalisten?

Man muss nicht alles können. Aber man sollte mit dem herausstechen, was man besonders gut kann, also ein paar Leuchttürme vorweisen können. Es bringt nichts, viele mittelmäßige Texte oder Beiträge zu veröffentlichen. Wer an seine Zukunft denkt, sollte nicht nur mögliche feste Stellen in Betracht ziehen. Es kann auch sinnvoll sein, sich um Gründungskapital zu bewerben, also etwas Eigenes zu starten. Auch für Gründer gilt, dass man etwas Besonderes vorweisen können. Worauf es letztlich ankommt, ist Qualität.