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NPD-Verbot: Hört den Betroffenen der Hetze zu!

Ich höre heute Morgen die altbekannten Textbausteine in der Presseschau des Deutschlandradios: Ein Parteienverbot dürfe nur letztes Mittel sein. Der Rassismus verschwinde dadurch nicht. Die Demokratie müsse eine solche Partei aushalten. Die NPD sei ohnehin politisch bedeutungslos.

Doch welche Partei sollte verboten werden, wenn nicht die NPD? Deren langjähriger Funktionär Wohlleben als mutmaßlicher Terrorunterstützer vor Gericht steht? Deren Parteivize von „Krummnasen“ und „Samenkanonen“ spricht? Die Opfer des Holocaust verhöhnt und auf der Straße gegen Flüchtlinge mobilisiert? Die zu Wahlen antritt, um Geld für ihren völkischen Kampf zu akquirieren – und die seit mehreren Jahren in zwei Landtagen sitzt, und dort Hetzer und Fanatiker mit Posten versorgt?

Selbstverständlich löst ein NPD-Verbot nicht sämtliche Probleme. Niemand hat dies jemals behauptet. Und welche Einzelmaßnahme könnte das schon? Auch hält „die Demokratie“ sicherlich eine Partei wie die NPD aus.

Für viele Minderheiten, für Überlebende des Holocaust, für deren Nachfahren, für die, gegen die sich die braune Propaganda richtet, ist eine Neonazi-Partei – zu einem guten Teil finanziert aus öffentlichem Geld – aber schlicht unzumutbar.

Hören wir mal hin:

„Die NPD ist durch und durch verfassungsfeindlich, menschenverachtend rassistisch, antisemitisch und gewaltbereit. Der Zentralrat der Juden fordert bereits seit Jahren, dass diese Partei nicht nur geächtet, sondern vom Parteienprivileg ausgeschlossen und somit endlich verboten wird. Dass die Verbreitung von braunem Gift sogar auch noch mit Steuermitteln finanziert wird, kann schließlich kein vernünftiger Mensch im Land jemals verstehen. Ein entschlossenes und vor allem auch ein geschlossenes Handeln der Verfassungsorgane würde ein wichtiges politisches Zeichen gegen den von der NPD propagierten Menschenhass setzen.“

Zentralrat der Juden, 28. Oktober 2013


„Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, appellierte an die Bundesregierung, die NPD nicht zu verharmlosen. „Kräfte, die unseren demokratischen Rechtsstaat bedrohen, können nicht mit staatlichen Mitteln finanziert werden“, sagte Rose.“

Deutschlandradio Kultur am 20. März 2013


„Der Zentralrat der Sinti und Roma habe in den letzten Tagen hunderte von Anrufen besorgter Sinti- und Roma-Familien aus ganz Deutschland erhalten, die wegen der entsprechenden NPD-Plakate, die auf den Schulwegen ihrer Kinder gerade in den kleineren Orten massiv plakatiert sind, emotional aufgebracht und unmittelbar betroffen sind. Diese öffentliche Aufhetzung durch die NPD  löse bei den älteren Menschen, die den Holocaust überlebt haben, wieder massive Ängste aus, erklärte der Zentralratsvorsitzende. Bisher seien auch nach den vielen erstatteten Strafanzeigen die Behörden nur in einem einzigen Ausnahmefall tätig geworden, ansonsten herrsche eher Hilfslosigkeit und Unsicherheit vor.“

Publikative.org, 29. August 2013


„Ich unterstütze das Verbotsverfahren gegen die NPD, da ich nicht hinnehmen will, dass mit unseren Steuergeldern Rassismus verbreitet wird.“

Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde


„Dummheit kann man nicht verbieten, gefährliches Reden und Handeln aber schon. Der Staat sollte die NPD mit allen Mitteln bekämpfen, anstatt die Partei auch noch zu finanzieren.“

Queer.de, 20. März 2013


„174.445 Menschen haben bereits 2007 gefordert, ein neues Verbotsverfahren nach Artikel 21, Abs. 2 Grundgesetz gegen die NPD auf den Weg zu bringen. 5.405 Menschen haben im Jahr 2009 ihre Argumente für ein NPD-Verbot auf der Kampagnen-Seite nonpd eingestellt. Ein wichtiges Argument ist und bleibt, dass das faschistische Menschenbild bereits dem Artikel 1 des Grundgesetzes widerspricht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

VVN/BdA-Kampagne für ein NPD-Verbot.

 

„In Zeiten, in denen die NPD und neofaschistische Kameradschaften ganze Regionen zu national befreiten Zonen erklären und die NPD immer noch nicht verboten ist, müssen wir alle uns einmischen und von der Regierung fordern, endlich zu handeln.

Wer nicht durch die Hölle von Auschwitz gegangen ist, kann es schwer erahnen, was es für uns bedeutet, wenn Nazi-Banden in allen Städten marschieren dürfen.“

Esther Bejarano, Überlebende des Mädchenorchesters von Auschwitz

 

Ob es tatsächlich ein NPD-Verbot geben wird, erscheint unklar. Allerdings ist bereits klar, dass die vielen Pseudoargumente gegen einen solchen Schritt, dass die Unentschlossenheit ein starkes Zeichen sind – unter anderem an die Richter beim Bundesverfassungsgericht: Es gibt keinen Konsens, dass eine Neonazi-Partei in Deutschland schlicht nicht akzeptabel ist. Diese Botschaft wird ankommen. Die Appelle und Stimmen der Betroffenen spielen eine Nebenrolle.


Dieser Beitrag ist zuerst auf Publikative.org erschienen.