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Spendenfinanzierter Journalismus in Lateinamerika – ein Überblick

Die Teilnehmer der Generalversammlung der Interamerikanischen Pressegesellschaft zeigten sich im Oktober hilflos: „Jeder Dollar, der über den Online-Auftritt eingenommen wird, zerstört zehn Dollar Werbeeinnahmen aus Printmedien.“  Dabei geht es den hiesigen Blättern noch verhältnismäßig gut. Das große Zeitungssterben hat noch gar nicht eingesetzt.

Ein Grund ist die enge Bindung der Medien an politische Parteien. Die Krise drängt die Zeitungen in die Arme der politischen Machthaber. Erst Mitte November drehte sich der Korruptionsprozess um den ehemaligen peruanischen Staatspräsidenten Alberto Fujimori vor allem um die finanzielle Unterstützung ausgewählter kleiner Verlagshäuser. In Argentinien ist Präsidentin Christina Fernández de Kirchner gerade dabei, den einflussreichen, aber seit 2006 regierungskritischen Medienkonzern Clarin zu zerschlagen.

In diese Abhängigkeit wollen sich Bürger-Journalismus-Projekte wie die argentinische Online-Plattform, Publikationsquelle und Nachrichtenagentur „La Vaca“ (deutsch: die Kuh) nicht begeben. „La Vaca“ finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge und kooperiert mit Gemeinschaftsradio-Stationen. Und ist so rentabel und flächendeckend präsent. Die dazugehörige Zeitung „MU“ erscheint seit 2006 monatlich mit einer Auflage von 10.000 und ist am Kiosk oder im Abonnement erhältlich. Der Zeitung ist die Graswurzel-Finanzierung anzumerken – im „taz“-Stil stehen vor allem soziale Themen im Vordergrund.

Der englischsprachige „Argentina Independent“ setzt dagegen auf Crowdfunding. Die in Buenos Aires beheimatete Onlinezeitung soll bald ebenfalls monatlich gedruckt werden. In den letzten Monaten wurde dafür auf der spanischsprachigen Plattform „ideame“ gesammelt. Das Ziel von 5.000 US-Dollar wurde im Juni nach nur zwei Monaten erreicht. Der „Argentina Independent“ soll dazu beitragen, argentinische Themen auch einem nicht-spanischsprachigen Auditorium besser zugänglich zu machen.

Überhaupt sind Crowdfunding-Plattformen in Lateinamerika gerade groß im Kommen. Neben der vergleichsweise alten Plattform „ideame“, welche sich vor allem an dem erfolgreichen US-amerikanischen „Kickstarter“ orientiert, gibt es seit kurzem auch „Bananacash“ (für Theater- und Kinoprojekte), „Groofi“ (anglo-argentinische Kooperation), „Proyectarnos„, „Noblezaobliga“ (vor allem für soziale Projekte) oder „Catarse“ (brasilianische Plattform). Darüber hinaus wird auch „Goteo.org“ als europäischer aber spanischsprachiger Vertreter genutzt. Gemein ist allen, dass sie vor allem kreative soziale oder innovative Projekte finanzieren helfen wollen. Projekte, die sonst nicht zu Stande gekommen wären.

Ob spendenfinanzierter Journalismus auch die Finanzprobleme großer lateinamerikanische Zeitungshäuser lösen kann, ist fraglich. In jedem Fall bieten die Crowdfunding-Projekte interessante Beispiele für alternative Finanzierungsmöglichkeiten. Wenn dann noch, ähnlich dem US-amerikanischen Crowdfunding-Beispiel, eine stärkere unternehmerische Komponente hinzutreten würde, könnte gegebenenfalls auch für strauchelnde lateinamerikanische Print-Produkte eine Lösung gefunden werden. Vorausgesetzt, das Publikum ist nicht schon vorher aufgrund mangelnder Qualität oder politischer Beeinflussung ins Internet abgewandert – zum Beispiel zu den Online-Portalen von „La Vaca“ oder „Argentina Independent“.


Dieser Artikel erschien ursprünglich auf „Die Trendblogger„, einem Projekt des MIZ Babelsberg.