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Unseren täglichen Shitstorm gib uns heute

Die Mechanik des modernen Medienskandals geht ungefähr so: ein Thema wird in Medien nach oben gespült – aktuell etwa Pferdefleisch in diversen Billig-Fertigessen. Im Internet wird der „Skandal“ bei Facebook und Twitter sowie in Kommentarspalten aufgegriffen, gedreht, gewendet, zurückgewiesen und verstärkt. Alles gleichzeitig. Die Rezeption im Web wird dann zurückgespielt in die klassischen Medien. Die Aufarbeitung des Skandals im Web wird dann wiederum im Web durchgehechelt. Alles in hoher Geschwindigkeit. Spätestens in zwei Wochen ist die Story dann vergessen, ein neuer Skandal hat die Aufmerksamkeitsschwelle übertreten, ein neuer Shitstorm tobt und alle machen weiter wie bisher.

Die Ohnmacht der Verbraucher gegenüber den stets neu getriggerten Skandal-Geschichten lässt sich am besten daran festmachen, wie im Internet darauf reagiert wird: mit Witzen, Hohn und Spott. Pferdefleisch in der Lasagne, Papst-Rücktritt, drohender Weltuntergang durch Meteoriten-Einschlag, Arbeitsbedingungen bei Amazon – vor allem bei Twitter werden all diese Themen in rasendem Tempo zu Witzen verwurstet.

Darunter liegt eine tief sitzende Verunsicherung der Leser und Konsumenten. Amazon ist da ein gutes Beispiel. Der Internet-Händler hat ein gutes Image, gilt als extrem kundenfreundlich. Dann zeigte die ARD eine Reportage, in der unmenschliche Arbeitsbedingungen bei Amazon angeprangert wurden. Darauf folgten in schneller Folge Stellungnahmen von Amazon und einer ebenfalls kritisierten Sicherheitsfirma. Es wurde beteuert, dass an den Vorwürfen nichts dran sei, bzw. man bemüht sei diese schnell abzustellen. In Online-Foren wogten in Windeseile Zustimmung und Ablehnung zu dem ARD-Bericht hin und her. Bei Twitter kursierten die üblichen Witzchen. Die einen haben es immer schon gewusst, dass dieses Amazon auch nur eine der vielen hässlichen Fratzen des Algorithmus-Kapitalismus ist. Andere behaupten, die ARD würde Stimmung machen und einen Pseudo-Skandal um der Quote willen schüren.

Was ist zu tun? Sollte der aufgeklärte Konsument schnell sein Amazon-Konto löschen und künftig wieder bei Quelle bestellen? Ach ne. Geht nicht, die sind ja pleite. Apple-Produkte darf man auch nicht mehr kaufen, weil sich sonst sofort wieder soundsoviele chinesische Arbeiter bei Foxconn entleiben. Und wer die Pferde-Lasagne im Regal liegen lässt und stattdessen im Regal nebenan zur abgepackten Elends-Fleischwurst greift, zahlt damit auch nicht unbedingt Unsummen auf die Haben-Seite des persönlichen Karma-Kontos ein.
Witze machen und Weitermachen scheinen in dieser Lage die probaten Mittel zu sein. Denn jede Änderung des Konsumverhaltens könnte morgen schon Anlass für den nächsten Skandal und Shitstorm sein. Bei Amazon dürften sie den Entrüstungs-Sturm im Wasserglas am Endes des Jahres in ihrer Bilanz nicht merken. Die Sexismus-Welle ist über uns und die FDP drübergeschwappt. Die Kritik an Arbeitsbedingungen bei Foxconn tat der Popularität des iPhones keinen Abbruch. Das Thema Pferdefleisch in der Lasagne ist diese Woche noch heiß. Bei weiteren Enthüllungen nächste Woche womöglich noch lauwarm. Spätestens dann ist das Pferdefleisch gegessen. Den Medien – den privaten, elektronischen, gedruckten, privaten und öffentlich-rechtlichen – kann man den Vorwurf machen, dass sie dieses Erregungs-Ping-Pong befeuern, statt gegenzusteuern. Aber sind wir Zuschauer und Leser daran nicht genauso mit selbst Schuld, wie an den Skandalen selbst?

Wenn sie bei Lanz über Sexismus witzeln oder Plasberg zum Plausch über Pferdefleisch lädt, schalten wir eben ein. Und greifen am nächsten Tag beim Discounter im Zweifel dann doch wieder zur bunten Packung mit dem Convenience-Food und googeln auf unserem Smartphone bei Amazon nach billigen Klamotten-Angeboten. Der nächste Shitstorm kommt bestimmt. Sonst wüssten wir womöglich gar nicht, worüber wir uns unterhalten sollen.

Die Ohnmacht der Verbraucher gegenüber den stets neu getriggerten Skandal-Geschichten lässt sich am besten daran festmachen, wie im Internet darauf reagiert wird: mit Witzen, Hohn und Spott. Pferdefleisch in der Lasagne, Papst-Rücktritt, drohender Weltuntergang durch Meteoriten-Einschlag, Arbeitsbedingungen bei Amazon – vor allem bei Twitter werden all diese Themen in rasendem Tempo zu Witzen verwurstet.

Darunter liegt eine tief sitzende Verunsicherung der Leser und Konsumenten. Amazon ist da ein gutes Beispiel. Der Internet-Händler hat ein gutes Image, gilt als extrem kundenfreundlich. Dann zeigte die ARD eine Reportage, in der unmenschliche Arbeitsbedingungen bei Amazon angeprangert wurden. Darauf folgten in schneller Folge Stellungnahmen von Amazon und einer ebenfalls kritisierten Sicherheitsfirma. Es wurde beteuert, dass an den Vorwürfen nichts dran sei, bzw. man bemüht sei diese schnell abzustellen. In Online-Foren wogten in Windeseile Zustimmung und Ablehnung zu dem ARD-Bericht hin und her. Bei Twitter kursierten die üblichen Witzchen. Die einen haben es immer schon gewusst, dass dieses Amazon auch nur eine der vielen hässlichen Fratzen des Algorithmus-Kapitalismus ist. Andere behaupten, die ARD würde Stimmung machen und einen Pseudo-Skandal um der Quote willen schüren.

Was ist zu tun? Sollte der aufgeklärte Konsument schnell sein Amazon-Konto löschen und künftig wieder bei Quelle bestellen? Ach ne. Geht nicht, die sind ja pleite. Apple-Produkte darf man auch nicht mehr kaufen, weil sich sonst sofort wieder soundsoviele chinesische Arbeiter bei Foxconn entleiben. Und wer die Pferde-Lasagne im Regal liegen lässt und stattdessen im Regal nebenan zur abgepackten Elends-Fleischwurst greift, zahlt damit auch nicht unbedingt Unsummen auf die Haben-Seite des persönlichen Karma-Kontos ein.

Witze machen und Weitermachen scheinen in dieser Lage die probaten Mittel zu sein. Denn jede Änderung des Konsumverhaltens könnte morgen schon Anlass für den nächsten Skandal und Shitstorm sein. Bei Amazon dürften sie den Entrüstungs-Sturm im Wasserglas am Endes des Jahres in ihrer Bilanz nicht merken. Die Sexismus-Welle ist über uns und die FDP drübergeschwappt. Die Kritik an Arbeitsbedingungen bei Foxconn tat der Popularität des iPhones keinen Abbruch. Das Thema Pferdefleisch in der Lasagne ist diese Woche noch heiß. Bei weiteren Enthüllungen nächste Woche womöglich noch lauwarm. Spätestens dann ist das Pferdefleisch gegessen. Den Medien – den privaten, elektronischen, gedruckten, privaten und öffentlich-rechtlichen – kann man den Vorwurf machen, dass sie dieses Erregungs-Ping-Pong befeuern, statt gegenzusteuern. Aber sind wir Zuschauer und Leser daran nicht genauso mit selbst Schuld, wie an den Skandalen selbst?

Wenn sie bei Lanz über Sexismus witzeln oder Plasberg zum Plausch über Pferdefleisch lädt, schalten wir eben ein. Und greifen am nächsten Tag beim Discounter im Zweifel dann doch wieder zur bunten Packung mit dem Convenience-Food und googeln auf unserem Smartphone bei Amazon nach billigen Klamotten-Angeboten. Der nächste Shitstorm kommt bestimmt. Sonst wüssten wir womöglich gar nicht, worüber wir uns unterhalten sollen.


Dieser Beitrag erschien zuvor auf Meedia.de und wurde mit Erlaubnis des Autors veröffentlicht.