Was im März wichtig war
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Liebe Leserinnen und Leser,
gerne wird in diesen Tagen der Begriff „Jahrhunderprozess“ bemüht, um die Bedeutung des NSU-Verfahrens herauszustellen. Nun wird der Prozess schon vor dem ersten Tag richtungsweisend sein – was den sensiblen Umgang des Gerichts mit der Medienöffentlichkeit angeht. Denn die betrachtet man in München offenbar als notwendiges Übel. Dabei gehört sie zum Strafprozess wie die Zeugenvernehmungen.
Nun entscheidet das Bundesverfassungsgericht, das sich im Übrigen schon einmal mit der Frage der Akkreditierung von Journalisten in Großverfahren beschäftigt hat. Darauf weist der langjährige ARD-Rechtsexperte Karl-Dieter Möller in seinem Beitrag auf VOCER hin. In ihrer Entscheidung von 2002 machten die Verfassungsrichter klar: Hauptzweck einer mündlichen Verhandlung sei auch in einem Aufsehen erregenden Strafverfahren dessen Durchführung, nicht die Sicherung der Berichterstattung. Allerdings: Ausdrücklich ungeklärt ließ man, ob eine Differenzierung zwischen verschiedenen Typen der Medien oder verschiedenen Medienunternehmen verfassungsrechtlich zulässig und zugleich geboten ist. Um diese Frage kommen die Roten Roben jetzt wohl nicht herum.
Auch außerhalb des Gerichtssaals sorgt das Nazi-Terrortrio weiter für Diskussionen – und VOCER steckt mittendrin. Mehr dazu in den Linkempfehlungen unten.
Gefreut haben wir uns übrigens im März über die große Resonanz auf die erste Ausschreibung des VOCER Innovation Medialab. Rund 60 experimentierfreudige Medienmacher bewarben sich um eines unserer mit 3.000 Euro dotierten Stipendien. Neun Frauen und Männer im Alter zwischen Mitte 20 und Mitte 30 unterstützen wir nun bei ihren Projekten. Seien Sie mit uns gespannt auf die Ergebnisse!
Herzlichst
Ihr
Robert Bongen
(Herausgeber VOCER)
Was vergangenen Monat lesenswert war auf VOCER:
In unserem Dossier „Das braune Loch“ fordert der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamten, André Schulz, die umstrittene Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen, um das Umfeld der Zwicker Zelle soweit wie möglich aufklären zu können.
Deutlicher Einspruch kommt hier vom obersten Datenschützer Schleswig-Holsteins, Thilo Weichert: Bisher habe niemand vernünftig begründen können, weshalb es zur Aufdeckung rechtsextremer Umtriebe der Vorratsspeicherung der Telekommunikationsdaten der gesamten Bevölkerung über ganze sechs Monate bedarf.
Auch in unserem neuen Dossier „Qualität im Journalismus“ unter der Verantwortung von Ulrike Kaiser wurde heiß debattiert: Sandra Müllers Beitrag über die „Bastelwut“ beim Radio hat auch an anderen Orten für Diskussionen über den Radio-Journalismus gesorgt.
Weiterhin erklärt Berthold L. Flöper in diesem neuen Dossier, wie Lokaljournalisten vom Netzwerk „drehscheibe“ profitieren können (Lesenswert dazu auch dieser Austausch auf unserer Facebook-Seite). Gegenseitige Hilfe sei nie verkehrt, um die Zukunft des Lokaljournalismus zu sichern, meint Flöper.
Ähnlich argumentiert auch Jeff Jarvis, der den hyperlokalen Journalismus von Läusen bedroht sieht – und doch optimistisch ist, dass es mit der richtigen Strategie eine Zukunft für hyperlokale Websites geben wird. Dafür braucht es aber – und das ist die Crux – Geld.
Um eben jenes ging es auch im Interview mit Medienstratege Ken Doctor. Im letzten Teil unserer „Rebooting the News“-Reihe fragten wir ihn, was künftig nötig ist, um unabhängigen, investigativen und somit zivilgesellschaftlich bedeutsamen Journalismus zu finanzieren.